Zum Thema Titelbilder
Verfasst von Peter J. Dobrovka
Datum: 22. Februar 2005
 
Wir haben im Jahr 2004 vier Bücher herausgebracht, es waren die ersten vier des Verlags überhaupt.
Natürlich lief so gut wie nichts reibungslos ab, das darf man auch nicht erwarten. Solche Dinge müssen sich langsam einspielen.
Besonders erwähnenswert war jedoch das Hickhack um die Cover.
Es begann alles damit, daß ich von der fixen Idee besessen war, daß ein Titelbild idealerweise den Inhalt des Buches widerspiegelt und wenn möglich, eine Szene bzw. Charaktere daraus darstellen soll. Dies aber bedeutet auch, daß wir keine Bilder aus dem Katalog wählen können, sondern anfertigen lassen müssen.
Grafiker zu finden, die a) was taugen b) bezahlbar sind und c) Zeit haben, neue Aufträge anzunehmen, erwies sich dann als ziemlich schwer. Dabei meldeten sich noch bis vor Kurzem täglich zwei bis drei Künstler mit der Anfrage, ob Bedarf bestünde. Die Gründe, warum daraus keine Zusammenarbeit wurde, hab ich gerade aufgezählt.

Für Tinnitus schwebte mir die Szene vor, in welcher Kramsky am Rand des Kraters steht, wo ehemals eine Stadt gewesen war. Ein kugelförmiger Ausschnitt aus der Landschaft, der sich bis ins benachbarte Gebirge fortsetzt. Ein beeindruckendes Bild.
Ich fand auch einen Grafiker, dessen Webseite gute Qualität versprach, zahlte ihm einen Vorschuß von Hundert Euronen und rieb mir die Hände.
Das Ergebnis war grauuuuusig!
Ich würde diese Schrecklichkeit eines Titelbildes gerne als abschreckendes Beispiel zeigen, aber eventuell würde dann wegen "Veröffentlichung" der Rest des Honorars fällig werden, welches ich natürlich nicht gezahlt habe.
Erfreulicherweise hatte die Freundin des Autors ein Titelbild entworfen, welches dann ohne Terminverzögerung nachrücken konnte und die jetzige bekannte grüne "Schnecke" zeigt. Das ist übrigens kein ungegenständliches Bild sondern eine Satellitenaufnahme der Region, in welcher sich der Roman abspielt.

Das blaue Portal, ja, das ist ein Kapitel für sich. Da kannte ich einen Grafiker, nennen wir ihn mal James Bond, um seine Identität zu schützen, denn ich werde gleich viel Böses über ihn sagen. Also JB, der ist einfach nur verdammt gut; malt fotorealistische Dämonen und Fantasy-Landschaften. Er war auch mein Wunschkandidat für ein Comicprojekt gewesen, allerdings ist das im Sande verlaufen, weil die Finanzierung des Projektes jegliche Gewinnerwartung bei weitem überstiegen hätte.
Aber wenigstens für die Cover der Chroniken der Anderwelten wollte ich ihn einsetzen. Den Auftrag erteilte ich ihm Dezember 2003 und sagte ihm, er habe Zeit bis April 2004.
Davon abgesehen, daß sein Entwurf genial war, war er im Juni 2004 immer noch nicht fertig. Leider Gottes, JB ist ein sehr langsamer Künstler.
Und dann gab es ein Problem. Dieses Problem hieß MG-Verlag. Ich hatte zu selbigem zu jener Zeit einen losen Kontakt geknüpft, weiß gar nicht mehr, warum genau, auf jeden Fall erzählte ich JB davon, und der reagierte stinkig. Er hatte mal irgendeinen Ärger mit diesem Verlag gehabt und wollte, weil ich mich mit denen offenbar gut verstand, für mich nicht mehr arbeiten. Ich versicherte ihm, daß da keine Kooperationen oder was auch immer liefen, und bat ihn, daß er mir das doch bitte nicht antun möge, mich im Stich zu lassen. Ich flehte ihn am Telefon geradezu an. Er ließ sich zunächst breitschlagen, schickte mir dann jedoch einen Vertragsentwurf über das Titelbild zu, in welchem er mir nur das Recht gab, sein Bild auf das Buch zu drucken, und ausdrücklich verbot, sein Bild online zu stellen oder an andere weiterzugeben.
Nun ist allein schon die Tatsache eines Vertrages ungewöhnlich, normalerweise malt der Künstler das Bild und schreibt dann eine Rechnung und gut ist. Aber in diesem Falle wollte er mir tatsächlich untersagen, das Buch für Werbezwecke abzubilden. Ich fragte also, was der ganze Scheiß hier solle. Und dann rückte er mit der Sprache heraus, daß er damit vermeiden wollte, daß sich sein Bild mal irgendwann irgendwie auf den Seiten des MG-Verlags wiederfindet. Ich dürfte das Bild allerdings dann doch für eigene Werbezwecke gebrauchen, diese Vertragsverletzung wolle er dann dulden.
Ich war zwar ziemlich verzweifelt, denn im Oktober sollte das Buch gedruckt werden, aber SO verzweifelt nun auch wieder nicht, um auf diese abartigen Bedingungen einzugehen.
Und ich rief den Geschäftsführer des MG-Verlags an, um zu fragen, was er JB damals so Schreckliches angetan hatte. Ich erzählte ihm, daß dieser deswegen aus unserer Abmachung, ein Bild für mich zu machen, auszusteigen drohte.
Was genau zwischen MG und JB gelaufen ist, habe ich nicht rekonstruieren können, aber das ist auch nicht so wichtig. Wichtig ist, daß MG in einem Diskussionsforum für phantastische Kleinverlage nachfragte, was von einer solchen Knebelklausel im Vertrag für ein Titelbild zu halten sei. Selbstverständlich lautete die Antwort, daß die Sache nicht koscher sei. Auch JB las im Forum, und daß da über seine Klausel diskutiert wurde, dürfte ihm nicht gefallen haben. Auch wenn sein Name zu keinem Zeitpunkt fiel.
Es war Ende Juni, und ich hatte kein Titelbild.
Rettung nahte in Form einer Agentur, die haufenweise gute Künstler im Programm hat.
Leider waren die gerade sämtlichst ausgebucht, und so bekam ich nur die vierte Garnitur. Aber ich hatte keine Wahl.
Auch hier bekam ich dann das Problem, daß das Bild im August fertig sein sollte, und im September nicht war.
Und als es dann endlich (36 Stunden vor Abgabe der Dateien an die Druckerei) fertig war, war es ...
Grauuuusig!

Dieses Bild enthalte ich euch nicht vor. Sehet und staunet:

Tja, es blieb mir nichts anderes übrig, als mich hinzusetzen, Photoshop anzuschmeißen und wenigstens das Gröbste eigenhändig zu korrigieren. Wobei mein künstlerisches Talent bei weitem nicht ausreichend ist, in kurzer Zeit Wunder zu vollbringen, aber in einer 28-stündigen Sitzung vermochte ich zumindest das gotische Gewölbe und den Plasma-Effekt hinzubiegen.
Letzten Endes ist das Bild suboptimal geblieben. Sollte es irgendwann einmal zu einer zweiten Auflage kommen, werde ich es ersetzen.

Mit Silberne Augen ging es ganz ähnlich, auch hier mußte ich nacharbeiten, auch hier war aus dem Original nicht so furchtbar viel herauszuholen.

Hämoglobin hingegen lief glatt, hier hat der Autor selbst das Titelbild beigesteuert, und es ist so genial wie seine Schreibe. Er wird auch in Zukunft die Titelbilder zu seinen Büchern beisteuern.
Hämoglobin ist auch der Titel, der sich derzeit am besten verkauft. Und das nicht nur ein bißchen, sondern mit sehr großem Abstand. - Ob es am Cover liegt? Immerhin ist das der erste Eindruck, den man von diesem Buch bekommt.
Aber ich weiß es nicht.

Nun ja. Am Ende einer langen Odysse haben sich drei Künstler bei mir konsolidiert.
1. Vladimir Bondar. Verantwortlich für die Cover der "Chroniken der Anderwelten" 2-5. Wird für Fantasy- und SF-Titelbilder eingesetzt werden.
2. Mark Freier. Verantwortlich für das Cover von "Nachts ...". Wird verstärkt für Horror und Phantastik eingesetzt werden.
3. Gerrit Brodmann. Verantwortlich für das Cover von "Fleisch". Wo immer ich Fotos als Titelbild einsetzen will, wird er die erste Wahl sein.

Ich blicke in Bezug auf das Thema Titelbilder wieder zuversichtlich in die Zukunft.
 
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